Interview mit Ralf Stegner Die digitale Wohnungswirtschaft
Ralf Stegner
Ralph Stegner ist seit seiner Ausbildung zum Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft der Branche treu geblieben. Es folgten die Ausbildereignungsprüfung, der Fachwirt in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft sowie ein berufsbegleitendes Studium der Betriebswirtschaft. Seit dem 1. April 2003 Geschäftsführer der Bauhilfe Pirmasens GmbH. Zuvor leitete er bei der Bauhilfe die IT und bildete sich zum zertifizierten Systemspezialist IBM AS/400 weiter.
Im VdW südwest ist er vielseitig aktiv. Seit Oktober 2013 leitet er den Fachausschuss EDV und treibt dort viele Fragen rund um die Digitalisierung des Verbandsmitglieder voran. Er engagiert sich außerdem im Arbeitskreis Wohnungswirtschaft 4.0., im Fachausschuss Kapitalgesellschaften, ist Mitglied im Arbeitsausschuss Wohnen der ARGE Rheinland-Pfalz sowie Delegierter zum GdW Verbandstag.
VdWaktuell: Warum engagieren Sie sich als Vorsitzender des Fachausschusses EDV des VdW südwest?
Ralf Stegner: Sicherlich hat es einmal mit dem grundlegenden Interesse an der IT zu tun, zum anderen ist mir der Austausch in der Wohnungswirtschaft sehr wichtig. Toll wäre, wenn es gelänge das Know-how in der Branche für die Branche zu bündeln.
VdWaktuell: Was ist Ihr Anliegen, was sind Ihre Wünsche und Hoffnungen?
Stegner: Unsere Branche braucht ein Statement beim Thema IT, Digitalisierung und vieles mehr. Wir müssen selbst erkennen, welche Schritte zukünftig für uns wichtig sind und wie oder mit wem wir den Weg gehen wollen. Ich würde mir wünschen, dass wir selbstbewusster gegenüber der Softwarewelt auftreten und mehr Einfluss nehmen könnten.
VdWaktuell: Wo sehen Sie die drängendsten Probleme bei der Digitalisierung der Wohnungswirtschaft?
Stegner: Viele Unternehmen haben noch keine Vorstellungen, wie sie sich auf den Weg machen, wo sie im Moment stehen, wie die Kernprozesse aussehen können und die zukünftigen Kommunikationsbereiche funktionieren. Es gibt noch viel Unsicherheit. Zudem drängt bei den meisten Unternehmen das Thema noch nicht so, weil das Geschäftsmodell noch gut auf dem Markt läuft, warum soll man sich bewegen?
Und ganz wichtig: wie schaffe ich es die Mitarbeiter mitzunehmen beziehungsweise sogar zu begeistern und zu gewinnen. Insbesondere für die Wohnungswirtschaft ein besonderes Thema. Letztlich geht es um die Kultur in den Unternehmen.
VdWaktuell: Was sind für Sie und die anderen Mitglieder des Fachausschusses derzeit die aktuellen Themen der Wohnungswirtschaft?
Stegner: Ganz oben auf der Agenda stehen die digitalen Ablaufprozesse, wie z.B. die elektronische und rechtskonforme Verarbeitung von Rechnungen. Dann folgen nahezu gleichgewichtet die Mieter- oder Kundenkommunikation, vielleicht über ein Portal, aber auch der interne, digital verfügbare Wissenstransfer in den Unternehmen. Weiterhin werden die Verarbeitung der digitalen Verbrauchsdaten gemäß EED 2020/2022 (EU), aber auch das Thema Smart-Home in den Häusern und Wohnungen, aufgerufen.
VdWaktuell: Wie finden Sie, hat die Wohnungswirtschaft die Corona-Krise im Hinblick auf die Digitalisierung bewältigt?
Stegner: Ich denke insgesamt gut und kreativ. Für viele war es sicherlich am Anfang viel Improvisation, woraus sich mittlerweile Routine und eine große Portion Innnovationskraft entwickelt hat. Viele Wohnungsunternehmen zeigen eine große Präsenz und großes Verantwortungsbewusstsein am Markt in dieser Situation.
VdWaktuell: Die Digitalisierung kam bedingt durch die Krise für viele Unternehmer eher von jetzt auf gleich – Wie ist die aktuelle Situation in der Wohnungswirtschaft? Was ging in der Krise gut und was lief nicht so gut?
Stegner: Ich denke die Kernprozesse konnten alle Unternehmen – überwiegend digital – meistern. Für den Bereich des direkten Mieterkontakts, wie zum Beispiel dem Angebot von Wohnraum und Vermietung haben viele der Unternehmen noch keine digitalen Lösungen parat. Es hängt allerdings von den unterschiedlichen regionalen Märkten ab und typisch Wohnungswirtschaft ist, dass der Mensch für uns immer noch im Mittelpunkt steht und deswegen die Umstellung auf eine überwiegend digitale Kommunikation für die Branche schwerer fällt als beispielsweise in der Industrie. Die Wohnung ist eben ein besonderes soziales Gut.
Schlechte Erfahrungen haben wir alle mit der Netzkapazität unter Belastung gemacht, was verdeutlicht, wo noch erhebliches Verbesserungspotential besteht. Da hat Deutschland immer noch Nachholbedarf.
VdWaktuell: Was wünschen Sie sich vom Verband? Wie kann er seine Mitglieder im Bereich der Digitalisierung unterstützen?
Stegner: Der Verband muss die Unsicherheit aufnehmen und bei der Strategiebildung beziehungsweise bei der Umsetzung in den Unternehmen bedarfsgerecht und zielführend unterstützen. Vor allem die kleineren Unternehmen oder kleinere Genossenschaften haben oft kaum zusätzliche Ressourcen, um sich diesem komplexen Thema ausreichend zu widmen.
Mit dem Arbeitskreis Wohnungswirtschaft 4.0 hat man sich schon frühzeitig über die Kernthemen der Digitalisierung ausgetauscht und kann nun konkreter arbeiten. Pilotprojekte in den Wohnungsunternehmen werden wichtige Erkenntnisse bringen, wovon alle profitieren werden.
VdWaktuell: Was wünschen Sie sich für die Zukunft im Hinblick auf die Digitalisierung?
Stegner: Ich wünsche mir, dass wir den Weg der Digitalisierung vernünftig, mit Maß und Ziel gehen können, unsere Mitarbeiter mitnehmen können und danach mehr Zeit bleibt, um uns um unsere Kunden und Mieter, Wohnprojekte, ökologische Aspekte und um die gesellschaftlichen Herausforderungen zu kümmern. Dann hätten wir auch was von der Digitalisierung.
VdWaktuell: Und was wünschen Sie sich mit Blick auf Ihre Verbandskollegen?
Stegner: Wichtig ist, dass wir im Austausch bleiben und uns gegenseitig unterstützen, um gemeinsam die digitalen Herausforderungen zu meistern. Das leben wir in der großen wohnungswirtschaftlichen Familie, das ist einzigartig und toll.