BGHFormularwesen
Stoppschild für Gender-Mainstreaming

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 13. März 2018 entscheiden, dass es keinen Anspruch auf weibliche Personenbezeichnungen in Vordrucken und Formularen gibt.

Sachverhalt

Eine Kundin einer saarländischen Sparkasse hatte diese verklagt, da die Bank im Geschäftsverkehr Formulare und Vordrucke verwendete, die neben grammatisch männlichen Personenbezeichnungen wie etwa „Kontoinhaber“ keine ausdrücklich grammatisch weibliche Form enthalten. In persönlichen Gesprächen und in individuellen Schreiben wendete sich die Sparkasse an die Kundin mit der Anrede „Frau …“. Die Kundin forderte die Sparkasse auf, die Formulare dahingehend abzuändern, dass diese auch die weibliche Form („Kontoinhaberin“) vorsehen. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht hatten die Klage in den Vorinstanzen abgewiesen.

Entscheidung

Der VI. Zivilsenat des BGH hat die Revision zurückgewiesen. Ein Anspruch auf die Verwendung von zusätzlich grammatisch weiblichen Personenbezeichnungen in Formularen und Vordrucken besteht nicht. § 28 Satz 1 des Saarländischen Landesgleichstellungsgesetzes (SLGG) begründet keinen individuellen Anspruch und ist kein Schutzgesetz.

Die Kundin erfährt auch allein durch die Verwendung generisch maskuliner Personenbezeichnungen keine Benachteiligung i. S. v. § 3 Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Maßgeblich für die Beurteilung, ob die betroffene Person eine weniger günstige Behandlung erfährt als die Vergleichsperson, ist die objektive Sicht eines verständigen Dritten, nicht die subjektive Sicht der betroffenen Person. Der Bedeutungsgehalt grammatisch männlicher Personenbezeichnungen kann nach dem allgemein üblichen Sprachgebrauch und Sprachverständnis Personen umfassen, deren natürliches Geschlecht nicht männlich ist („generisches Maskulinum“). Ein solcher Sprachgebrauch bringt keine Geringschätzung gegenüber Personen zum Ausdruck, deren natürliches Geschlecht nicht männlich ist.

Dabei verkennt der BGH nicht, dass grammatisch maskuline Personenbezeichnungen, die sich auf jedes natürliche Geschlecht beziehen, vor dem Hintergrund der seit den 1970er-Jahren diskutierten Frage der Benachteiligung von Frauen durch Sprachsystem sowie Sprachgebrauch als benachteiligend kritisiert und teilweise nicht mehr so selbstverständlich als verallgemeinernd empfunden werden, wie dies noch in der Vergangenheit der Fall gewesen sein mag. Zwar wird im Bereich der Gesetzgebung und Verwaltung das Ziel verfolgt, die Gleichstellung von Frauen und Männern auch sprachlich zum Ausdruck zu bringen. Gleichwohl werden weiterhin in zahlreichen Gesetzen Personenbezeichnungen im Sinne des generischen Maskulinums verwendet (siehe etwa §§ 21, 30, 38 f., 40 ff. Zahlungskontengesetz: „Kontoinhaber“; §§ 488 ff. BGB „Darlehensnehmer“). Dieser Sprachgebrauch des Gesetzgebers ist zugleich prägend wie kennzeichnend für den allgemeinen Sprachgebrauch und das sich daraus ergebende Sprachverständnis.

Es liegt auch keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in seiner Ausprägung als Schutz der geschlechtlichen Identität vor, da sich die Beklagte an die Klägerin in persönlichen Gesprächen und in individuellen Schreiben mit der Anrede „Frau …“ wendet und durch die Verwendung generisch maskuliner Personenbezeichnungen in Vordrucken und Formularen kein Eingriff in den Schutzbereich des Grundrechts erfolgt. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ergibt sich angesichts des allgemein üblichen Sprachgebrauchs und Sprachverständnisses auch nicht aus Art. 3 Grundgesetz (Urteil des BGH vom 13. März 2018, Az.: VI 143/17).

Anmerkung

Der Entscheidung des BGH ist zuzustimmen. Andernfalls hätte diese Entscheidung alle anderen Vertragsformen auf den Kopf stellen können. Bereits die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass die Kundin keine Ansprüche aus § 28 SLGG, §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i. V. m. dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht oder dem AGG herleiten könne. Das AGG begründe gerade keine generelle Verpflichtung im Wirtschafts- und Rechtsverkehr durchgehend geschlechtsneutral zu formulieren. Lediglich § 11 AGG enthält diesbezüglich eine Sonderregelung für die Stellenausschreibung.

Berücksichtigt man darüber hinaus, dass die Bewältigung des oftmals vorliegenden Massengeschäftes der Sparkassen aber auch anderer Unternehmen wie Wohnungsunternehmen handhabbar bleiben soll und über die Unterscheidung in männlicher und weiblicher Form ggf. noch weitere „intersexuelle“ Formen denkbar wären, welche wiederum in unterschiedlicher Form miteinander kombiniert werden könnten, würde dies im Ergebnis ein Formular oder einen Vordruck nur unnötig „aufblähen“ und letztlich zu Lasten der Lesbarkeit für den Kunden bzw. die Kundin gereichen.

Nach dem allgemeinen Sprachverständnis und auch in Ansehung des Gebotes der Gleichstellung von Frauen und Männern ist es deswegen bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt anerkannt, weiterhin das „generische Maskulinum“ (dieses ist eine Gruppe von Substantiven „maskulini generis“, die benutzt werden, wenn man keinen Bezug auf das natürliche Geschlecht haben möchte) zu verwenden.

Dennoch gilt es abzuwarten, ob es auch in Zukunft dabei bleiben wird, da die Kundin bereits jetzt erklärt hat, dass sie Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht einlegen will. Darüber hinaus hat sie schon jetzt angekündigt, bei erneutem Unterliegen vor den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg zu ziehen.
www.bundesgerichtshof.de

Foto: © Bundesgerichtshof, Joe Miletzki

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