Grunderwerbsteuer
Mandanteninfo zu § 6a GrEStG


Steuer © Alexander Stein / PixabayIn der Vergangenheit war die Anwendung des § 6a GrEStG in der Praxis kaum anwendbar, da zum einen der Bundesfinanzhof (BFH) Zweifel an der Europarechtskonformität der Norm („unzulässige Beihilfe“) hatte und als Vorlage zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegeben hat. Zum anderen war die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Norm strittig.

Allgemeines zur Norm

Um die Steuerfreiheit nach § 6a GrEStG in Anspruch nehmen zu können, müssen folgende Kriterien erfüllt sein:

  1. ein von der Norm erfasster privilegierter Rechtsvorgang
  2. der Rechtsvorgang löst grundsätzlich einen grunderwerbsteuerbaren Vorgang aus
  3. ein besonders definierter Konzernsachverhalt.

Zu den privilegierten Rechtsvorgängen zu 1. zählen Umwandlungen im Sinne des 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG (Verschmelzungen, Spaltungen oder Vermögensübertragungen) sowie Einbringungen und andere Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage.

Der Vorgang ist begünstigt, wenn ein besonders definierter Konzernsachverhalt (zu 3.) gem. § 6a S. 3 ff. GrESt vorliegt: An der grunderwerbsteuerbaren Übertragung müssen Unternehmen beteiligt sein, die von einem Unternehmen beherrscht werden. Als „herrschend“ gilt eine Beteiligung von mindestens 95 Prozent und eine Haltedauer von fünf Jahren vor und nach dem Übertragungsstichtag.

Zu den Entscheidungen


§ 6a GrEStG ist europarechtskonform

Der EuGH hat bereits mit Urteil vom 19. Dezember 2018 (Rs. C-374/17) entschieden, dass die Konzernklausel nach § 6a GrEStG nicht als unionsrechtlich verbotene Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV einzustufen ist.

Auslegung durch den BFH „herrschendes Unternehmen“

Nach Ansicht der Finanzverwaltung sind als „herrschendes Unternehmen“ im Sinne des § 6a GrEStG nur solche Unternehmen anzuerkennen, die als Unternehmer die Voraussetzungen des § 2 UStG erfüllen, vergleiche gleichlautender Erlass der Länder zu § 6a GrEStG vom 19. Juni 2012, BStBl. I S. 662. Demzufolge wäre aus Sicht der Finanzverwaltung eine reine Finanzholding kein Unternehmer gemäß § 2 UStG. Auch wäre nach Ansicht der Finanzverwaltung die Beteiligung bei Gebietskörperschaften im unternehmerischen Bereich beziehungsweise bei natürlichen Personen im Betriebsvermögen zu halten.

Dieser Sichtweise widerspricht der BFH und spricht sich für eine weite Auslegung des Begriffs des „herrschenden Unternehmens“ aus. Das bedeutet, dass für die Bestimmung als herrschendes Unternehmen das Erfüllen der Abhängigkeitsverhältnisse in quantitativer und zeitlicher Hinsicht erfüllt sein müssen, das reine Halten einer Beteiligung ist aus Sicht des BFH eine ausreichende wirtschaftliche Beteiligung.

BFH zur Haltefrist von 5 Jahren vor und nach dem Übertragungsstichtag

Auch hier spricht sich die Finanzverwaltung für eine enge Auslegung der Norm bezüglich der Haltefristen gemäß § 6a GrEStG aus. Das würde bedeuten, dass zum Beispiel die Ausgliederung zur Neugründung oder Abspaltungen unterhalb des herrschenden Unternehmens von der Konzernklausel nach § 6a GrEStG nicht begünstigt wären.

Auch hier hat der BFH sich für eine weite Auslegung der Norm ausgesprochen. Das bedeutet, Haltensfristen können nur beachtet und erfüllt werden, insoweit diese durch den Umwandlungsvorgang selbst möglich sind. So ist bei einer Abspaltung und Ausgliederung zur Neugründung die Behaltensfrist fünf Jahre vor dem Übertragungsstichtag nicht möglich, aber die Frist von fünf Jahren nach dem Übertragungsstichtag ist weiterhin unbedingt zu beachten. Dies entspricht auch dem Zweck der Norm, die wirtschaftlich sinnvolle Umwandlungen beziehungsweise Umstrukturierungen im Konzern ermöglichen soll.

Somit lässt sich festhalten, dass der BFH sich für eine viel weitere Auslegung der Norm nach § 6a GrEStG ausspricht als die Finanzverwaltung und so die Rechtssicherheit für wirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen im Konzern ermöglicht und ganz neue Möglichkeiten zur Übertragung von Grundstücken eröffnet.

Bislang wurden die Urteile des BFH noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht, eine Reaktion der Finanzverwaltung und des Gesetzgebers bleibt abzuwarten.

Radecki, SabineIhre Ansprechpartnerin
Sabine Radecki, MSc, StB


Steuerabteilung
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