Grundsteuerreform
Flächenmodell ist die einzige praktisch umsetzbare Lösung


Die Finanzminister von Bund und Ländern einigten sich am 1. Februar 2019 auf Eckpunkte zur Grundsteuerreform. Das Kompromissmodell soll sich an Ertragswerten orientieren und neben Bodenrichtwerten die durchschnittliche Miete und das Baujahr berücksichtigen. Deutschland drohen neben einer Bürokratie- und Streitwelle vor allem starke Kostensteigerungen bei preiswert vermieteten Wohnungen in teuren Lagen, so der Bundesverband GdW.

Im April hatte das Bundesverfassungsgericht das System der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Sie muss nun spätestens bis zum 31. Dezember 2019 reformiert werden. Wenn dies gelingt, dürfen die derzeit geltenden Regeln für weitere fünf Jahre, längstens aber bis zum 31. Dezember 2024, angewandt werden.

Grundsteuer | ©Udo KoranzkiFlächenorientiertes vs. ertragswertorientiertes Modell

Bundesfinanzminister Olaf Scholz hatte mit den sechszehn Finanzministern der Länder zwei alternative Vorschläge ein flächenorientiertes sowie ein ertragswertorientiertes Modell diskutiert, in welches insbesondere die Nettokaltmiete, die Wohnfläche, das Baujahr und die Bodenrichtwerte einfließen sollen. Dabei sollen die Werte alle sieben Jahre aktualisiert werden.

Das von Scholz bevorzugte Ertragswertmodell ist sehr komplex und würde sowohl Wohnungsunternehmen als auch Finanzverwaltungen vor große Herausforderungen stellen. Der notwendige Verwaltungsaufwand stünde in keinem Verhältnis zum Grundsteueraufkommen. Darüber hinaus drohen in den sowieso schon belasteten Ballungsräumen massive Grundsteuererhöhungen.

Das Scholz-Modell sieht einen Mindestwert für die Bemessung der Grundsteuer von 80 Prozent des Bodenwerts vor. Das führt in den großen Hotspots, wo die Bodenwerte sehr hoch sind, dazu, dass insbesondere bei Objekten mit sehr moderaten Mieten häufig der Mindestwert zum Ansatz kommt. ln der Folge zieht die Grundsteuer genau dort massiv an, wo die Wohnungsunternehmen in guten Lagen bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen.

Berechnungen des GdW zum ertragswertabhängigen Modell

Das durchschnittliche Niveau der Grundsteuermessbeträge nach dem wertabhängigen Modell (WAM) liegt in etwa bei den Grundsteuermessbeträgen nach dem bisherigen Einheitswertverfahren. Trotz einzelner Ausreißer streuen die Werte nach dem WAM relativ eng um die Werte nach dem Einheitswertfahren. Von der Mindestwertregelung (80 Prozent des Bodenwertes) sind vor allem die Städte München, Berlin-West und Köln betroffen. Das Baualter der Gebäude hat in der Stichprobe keinen signifikanten Einfluss auf die Betroffenheit der Grundstücke von der Mindestwertregelung.

Bei den Berechnungen zum wertabhängigen Modell ist als Steuermesszahl 0,319 vom Tausend angesetzt. Die Berechnungen beruhen auf einer Stichprobe von 25.600 Wohnungen in zehn Städten.

Kompromissmodell vom 1. Februar 2019

Statt einer Einzelbewertung (wie bei dem WAM) soll eine dreifache Pauschalierung greifen. Es sollen sog. Listenmieten angewendet werden, die das Statistische Bundesamt aus dem Mikrozensus ableitet (Ausnahme bei deutlich niedrigeren Nettomieten). Beim Alter der Gebäude soll beim Altbestand pauschaliert werden (Baujahre vor 1948). Beim Bodenrichtwert soll durch die Bildung von Zonen pauschaliert werden.

Es soll beim bisherigen Vorgehen zur Ermittlung der Grundsteuer bleiben. Die Werte und Flächen werden zu einem Einheitswert zusammengefügt, der mittels einer einheitlichen Steuermesszahl und eines individuellen Hebesatzes der Kommune die Grundsteuer ergibt. Ob das Kompromissmodell tatsächlich gesetzlich so umgesetzt wird, ist jedoch offen.

Der GdW weist in seiner Presseerklärung vom 1. Februar 2019 daraufhin, dass bei der weiteren Ausgestaltung der Grundsteuerreform das Hauptaugenmerk auf die Vermeidung finanzieller, bürokratischer und sozialer Folgen für Mieter, Vermieter und die öffentliche Hand gelegt werden muss. Die Berücksichtigung von Bodenwerten birgt die große Gefahr von massiven Grundsteuererhöhungen in den sowieso schon belasteten Ballungsräumen, vor allem beim bezahlbaren Mietwohnungsbau. Die dramatische Folge wäre eine fortschreitende Gentrifizierung in den beliebten Wohnquartieren. Notwendig ist dagegen ein praktisch umsetzbares Modell, das Mieter und Vermieter möglichst wenig belastet. Das von der Wohnungswirtschaft geforderte Flächenmodell hätte das auf unaufwendige Weise gewährleistet.


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