Kommunalkongress des Innenministeriums Rheinland-Pfalz
Was hält Menschen in ihrer Heimat?


Was bringt Menschen dazu, in ihrem Dorf zu bleiben? Was treibt sie an, fortzuziehen? Für Verantwortliche in der Kommunalpolitik bis hin zur Landespolitik sind dies wichtige Fragen. Auf dem diesjährigen Kommunalkongress des Ministeriums des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz am 18. März 2019 in Bitburg präsentierte Professor Harald Simons von empirica seine ersten Erkenntnisse dazu aus seiner Studie „Haltefaktoren“. Interkommunale Kooperation, Stadt-Umland-Beziehungen und die Entwicklung im ländlichen Raum waren Schwerpunkte des Kongresses.

Das Leben für die Menschen in Dörfern und Städten attraktiv zu halten und weiterhin zu gestalten ist Aufgabe aller kommunalen und regionalen Akteure. Das Alltagsgeschäft mit rechtlichen Standards, Formalitäten und fehlenden Ressourcen kennt viele Hürden, aber es kennt auch viele Möglichkeiten. Der Kommunalkongress 2019 bot die Gelegenheit, den Blick über den Tellerrand zu werfen.

KommunalkongressInnenminister Lewentz: Neue Chancen durch Kreisentwicklungskonzepte nutzen

Innenminister Roger Lewentz kündigte seinen Plan an, Maßnahmen der kommunalen Entwicklung ausweiten zu wollen. Den Landkreisen sollen weitere Möglichkeiten eröffnet werden, um umfassende Strukturen vor Ort zu etablieren. Neben bewährten Programmen wie Dorferneuerung oder Städtebauförderung sollen Kreisentwicklungskonzepte, der ZukunftsCheck Dorf und sogenannte Aktive Angebotsorte ein Dach über die Einzelprojekte spannen, um eine ganzheitliche Betrachtung und Herangehensweise zu fördern. „Das Innenministerium wird die Landkreise unterstützen, um sie für die Zukunft und als attraktive Standorte zum Arbeiten, Wohnen und Leben aufzustellen“, so Innenminister Lewentz.

Vorreiter Eifelkreis Bitburg-Prüm

„Kreisentwicklungskonzepte oder der ZukunftsCheck Dorf sind Hilfe zur Selbsthilfe, die bei den Ideen der Menschen vor Ort ansetzen und sie konkret in der Umsetzung von Initiativen unterstützen“, betonte der Minister.

Vorreiter beim ZukunftsCheck Dorf ist der Eifelkreis Bitburg-Prüm, der in einer Testphase von 2012-2014 bewusst eingefahrene Pfade verlassen hat, um in Modellgemeinden des ZukunftsChecks Dorf neue Lösungsansätze zu entwickeln. Nach dieser Testphase konnte der Eifelkreis den Zukunfts-Check Dorf mit Förderung des Innenministeriums auf mittlerweile 170 Ortsgemeinden ausweiten. „In den Ortsgemeinden können sich rund 50.000 Bürgerinnen und Bürger des Eifelkreises aktiv einbringen, den sozialen Zusammenhalt stärken, Infrastrukturen sichern und bauliche Entwicklungen voranbringen“, sagte Landrat Dr. Joachim Streit. Dabei würden keine unrealistischen Ideen geboren, sondern handfeste Projekte, die das Leben im Kleinen und manchmal im Großen verbessern.

Damit der Eifelkreis das bereits gesammelte Wissen an andere Kreise weitergeben kann, fördert das Innenministerium die Einrichtung eines Transfer- und Kompetenzzentrums für Kreisentwicklung und ZukunftsCheck Dorf mit insgesamt rund 120.000 Euro

Aktive Angebotsorte – neue Möglichkeiten der Raumordnung

Als Aktive Angebotsorte sollen solche Orte definiert werden, die eine besonders gute Ausstattung mit Angeboten und Einrichtungen der Daseinsvorsorge für die eigene Gemeinde und darüber hinaus aufweisen. Mit dieser planerischen Festlegung stehen den Kommunen dann Möglichkeiten zur Verfügung, neue Impulse für ihre Entwicklung zu setzen. Aktive Angebotsorte sollen im Rahmen der Kreisentwicklungskonzepte definiert werden, können aber auch separat durch die unteren Landesplanungsbehörden ermittelt werden, um dann durch die regionalen Planungsgemeinschaften festgesetzt zu werden.

Großräumige Wanderungen haben sich aufgelöst

Mit dieser knackigen Aussage eröffnete Professor Harald Simons seinen Vortrag zur neuen Studie „Haltefaktoren“. Das Wanderungsverhalten wird erkennbar von Nah- und mittelweiten Wanderungen bestimmt. Die Binnenwanderung ist somit die entscheidende Determinante der Entwicklung. Menschen bleiben in der Region und bewegen sich aus dem Hinterland mit einer ein bis zwei Stunden Entfernung. Wer kein Hinterland hat, wächst nicht, so Simons. Als Beispiel nannte er die Stadt Wiesbaden. Diese ausgewählte Regionalisierung stellt sich als zielgerichtete Mitteldistanzwanderung und als Nahwanderung in ausgesuchte Grund- und Mittelzentren dar. Letztere gewinnen aus einem Hinterland mit zehn bis 20 Kilometer Entfernung.

Simons zweite Kernaussage lautete: der Arbeitsmarkt ist nicht (mehr) entscheidend. Hingegen spielt die Bildungsausweitung eine große Rolle.

Vor diesem analytischen Hintergrund des veränderten Wanderungsverhaltens stellt sich die zentrale Frage: Was macht Attraktivität aus? Was sind die Haltefaktoren? Zu diesem Teil der Studie machte Simons nur sehr grobe Aussagen, da die Studie für die Öffentlichkeit noch nicht freigegeben ist. Simons illustrierte anhand weniger Beispiele, dass es zusammengefasst auf die Lebensqualität am Wohnort ankommt; das ist der wichtigste Haltefaktor.

Die Veröffentlichung der Studie ist nunmehr abzuwarten. Das Publikum wartet auf mögliche Handlungsempfehlungen und solche Erkenntnisse, die das Handeln vor Ort unterstützen können.

Einladungsflyer

Foto: Innenminister Roger Lewentz plädiert für Kooperation, © Roswitha Sinz

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