„Auf welchen Bäumen wachsen Bauleiter?“ und „Mit welchen Vorzügen begeistert die Wohnungswirtschaft die Generation Y?“ – mit diesen und weiteren Fragen setzten sich die 80 Teilnehmer des Forum Personals am 1. und 2. März 2018 in Frankfurt auseinander. Der hohe Zulauf bei der Kooperationsveranstaltung von EBZ, VdW südwest, VdW Bayern, VdW Rheinland Westfalen, vnw und des Arbeitgeberverbandes der Immobilienwirtschaft beweist: Das Thema Personalentwicklung hat für die Unternehmen eine hohe Priorität. Allerdings gibt es bei diesem Thema auch noch viel Handlungspotenzial. „Wussten Sie schon, dass die Stadt Kassel nun bald zu Frankfurt gehört“, so die nicht ganz ernst gemeinte Frage von Dr. Axel Tausendpfund, Verbandsdirektor des VdW südwest, zu Beginn der Veranstaltung. „100.000 Wohnungen sollen in Frankfurt am Main bis 2040 entstehen. Das entspricht dem Wohnungsbestand Kassels. Doch wo bekommen wir die Fachkräfte her, die in der Lage sind, diese Wohnungen zu bauen?“, leitete er das Thema des zweitägigen Kongresses ein.
Klaus Leuchtmann, EBZ-Vorstandsvorsitzender und Moderator des ersten Tages, erläuterte, dass aufgrund des niedrigen Zinsniveaus, Bauen und Modernisieren zurzeit sehr attraktiv seien. Zudem wachse die Nachfrage nach Wohnraum in den Ballungsgebieten drastisch. „Aber Bauen wird auch immer komplexer. 35 Prozent des Neubauvolumens entfallen inzwischen auf die technische Gebäudeausrüstung. Doch das qualifizierte Fachpersonal fehlt sowohl in den Bauabteilungen der Wohnungsbranche als auch in den Planungsbüros der Bauwirtschaft.“ Damit leitete er zu einer Umfrage der EBZ Akademie über. Diese ergab, dass die Unternehmen in den Bereichen IT (38 Prozent), Immobilientechnik (39 Prozent) und vor allem Bauleitung/Projektentwicklung (60 Prozent) Probleme bei der Personalakquise haben. Die Unternehmen glauben nicht, dass sie den Fachkräftemangel eigenständig beheben können, sehen aber durchaus selbstkritisch Verbesserungspotenzial bei den Rekrutierungswegen.
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Wohnungswirtschaft, präsentiere dich! Vorteile nach außen kommunizieren
Dass die Wohnungswirtschaft ein attraktiver Arbeitgeber ist, führten den Teilnehmern Referenten der Bauindustrie vor – einer Branche, die gleichzeitig Partner und Wettbewerber der Wohnungswirtschaft beim Thema Personal ist. Susanne Müller, Leiterin für Bildung beim Hauptverband der Bauindustrie und Geschäftsführerin der ASBau – Akkreditierungsverbund für Studiengänge des Bauwesens, empfahl Kooperationen mit kleineren Hochschulen einzugehen. Dipl.-Ing. Markus Crone, Geschäftsbereichsleiter Ausbildung & pädagogische Maßnahmen, Bildungszentren des Baugewerbes (BZB), appellierte an die Wohnungswirtschaft, aktiv auf junge Menschen zuzugehen, Präsenz bei Ausbildungs- und Berufsinformationsmessen zu zeigen, „Schnupper“-Praktika anzubieten, aber auch mit Ausbildungsberatern und der Agentur für Arbeit zusammenzuarbeiten. Die Branche ist ein attraktiver Arbeitgeber. Die Ausbildung vor Ort, regelmäßige Arbeitszeiten, „warme“ Arbeitsplätze und Karrieremöglichkeiten heben sich durchaus von anderen Mitbewerbern auf dem Arbeitgebermarkt ab und sollten von den Unternehmen daher stärker nach außen kommuniziert werden.
Attraktive Arbeitgeber kriegen attraktive Arbeitnehmer
Auch Prof. Dr.-Ing. Bernd Schweibenz, Prof. für Baubetrieb und Baumanagement an der FH Potsdam, empfahl statt der üblichen Stellenanzeigen neue Rekrutierungswege zu gehen. Darunter fasste er interne Qualifizierungsmaßnahmen, die Weiterbildung der eigenen Mitarbeiter, die Kontakte der eigenen Mitarbeiter, die Kontaktaufnahme zu Lehrbeauftragten von Hochschulen und die Präsenz vor Ort zusammen. Mit finanziellen Anreizen, flexiblen Arbeitszeitregeln, Weiterentwicklungsmöglichkeiten, Aufstiegs- und Karrierechancen sowie sinnvollen Arbeitsinhalten könnten Mitarbeiter zudem an das Unternehmen gebunden werden. Sandra Balicki, Leiterin Personal- und Organisationsentwicklung und Projektmanagement der Wohnungsbaugenossenschaft KAIFU-NORD-LAND eG Hamburg, erklärte, dass die Arbeitgeberattraktivität einen Einfluss auf das Personalrekruting hat. Partizipation, Gesundheitsmanagement, Führungsgrundsätze, Personalentwicklung, Marketing, strategisches Personalmanagement, Sozialleistungen, Arbeitszeit und -ort sowie die Unternehmenskultur sind für Arbeitnehmer wertvolle Aspekte, die darüber entscheiden, ob sie den Arbeitgeber attraktiv finden und für diesen arbeiten möchten.
Führung und Unternehmenskultur in Zeiten der Veränderung
Die Digitalisierung hat die Wohnungswirtschaft erfasst. Die Geschwindigkeit der Veränderungen und der Grad ihrer Komplexität sind durch sie enorm geworden. Doch wie können die Unternehmen mit diesen Anforderungen umgehen? „Die Gegebenheiten erfordern Agilität. Die Fähigkeit, Veränderungen offen gegenüberzutreten und sich auf sie einzulassen“, erklärte Rüdiger Grebe, Leiter der EBZ Akademie am zweiten Kongresstag. Prof. Dr. Sascha Armutat, Professor für Personalmanagement und Organisation an der FH Bielefeld, erläuterte, was diese Flexibilität für Unternehmen bedeutet und gab darüber hinaus Methoden an die Hand, diese im Arbeitsalltag zu verankern.
Agilität muss von Führungsriege gelebt werden
Elke Nippold-Rothes, stellvertretende EBZ-Akademieleiterin, erklärte, dass Agilität von den Führungskräften abhängt. Sie müssen eine Bereitschaft für Agilität aufbauen, diese im Unternehmen zulassen und fördern. Wer agile Führungskompetenzen entwickeln möchte, sollte dem Thema Führung einen hohen Stellenwert beimessen, eine neue Führungskultur im Unternehmen schaffen, Meetings interaktiv und kreativ gestalten, den Blick über den Tellerrand der eigenen Materie fördern und seine Netzwerke zum Generieren neuer Ideen nutzen. In Zeiten großer Dynamik nimmt der Sinn und Zweck im Arbeitsleben einen höheren Stellenwert bei den Mitarbeitern ein. Ralf Janssen, Geschäftsführer der Kompano Entwicklungsberatung, präsentierte, wie sich Unternehmen durch Beteiligung, Teilhabe und Einbindung aller Mitarbeiter neu entwickeln und sich auch im Zuge der Digitalisierung gut und neu aufstellen. Gemeinschaftliche Co-Kreativität, Vertrauen, Transparenz und Wertschätzung sind die Faktoren, die wichtig für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen sind. Die Forderung nach Flexibilität erreicht auch die Arbeitgeber der Wohnungswirtschaft. Flexible Arbeitszeitmodelle oder Sabbaticals müssen aber auch unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten betrachtet werden. Patricia Will, Rechtsanwältin des Arbeitgeberverbands der Deutschen Immobilienwirtschaft, stellte klar, dass es für viele Trends wie Sabbaticals noch keine strikten Regeln und Gesetzte gibt. Personaler sollten sich daher stetig auf dem Laufenden halten und das Gespräch mit den Arbeitnehmern suchen.
Das nächste Forum Personal findet Anfang 2019 in Hannover statt.