Soziale Mietwohnraumförderung Neue Förderrichtlinie in Hessen in Kraft getreten
Am 16. Juli 2018 ist die lang erwartete neue Richtlinie des Landes Hessen zur sozialen Mietwohnraumförderung in Kraft getreten. In ihr werden vier bislang geltende Förderrichtlinien (Mietwohnungsbau, Mietwohnungsbau für mittlere Einkommen, Modernisierung von Mietwohnungen und Förderprogramm Studentisches Wohnen) vereinheitlicht und in einer einzigen Richtlinie zusammengefasst. Die neue Förderrichtlinie enthält zwar Verbesserungen im Vergleich zur bisherigen Förderkulisse, geht aber aus Sicht des VdW südwest nicht weit genug, um die Zielsetzung, einen deutlichen Anstieg an neu errichteten Sozialwohnungen zu beschleunigen, zu erreichen.
Die Wohnraumförderung ist ein entscheidender Schlüssel zur Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum für Menschen mit geringen und mittleren Einkommen. Der VdW südwest hatte in der jüngeren Vergangenheit immer wieder auf die Erforderlichkeit signifikanter Verbesserungen hingewiesen. In einer Vielzahl von bilateralen Gesprächen im Rahmen von Veranstaltungen (unter anderem die gemeinsame Veranstaltung von WIBank und VdW südwest am 29. Juni 2017 zur Wohnraumförderung) sowie in mehreren Gesprächsrunden mit Vertretern des Ministeriums, Vertretern aller Fraktionen und der WIBank, auch unter Einbeziehung der Mitgliedsunternehmen, haben wir unsere Einschätzungen transportiert. Wir haben dabei auch detaillierte Berechnungsbeispiele präsentiert, die verdeutlicht haben, woran es bislang aus Sicht potenzieller Investoren gehakt hat und wo und an welchen entscheidenden Stellschrauben zu drehen ist, um für eine Steigerung von Attraktivität und Abrufwahrscheinlichkeit, nicht nur durch kommunale Wohnungsunternehmen, sondern auch durch Wohnungsgenossenschaften und weitere als privat einzuordnende Investoren zu sorgen. Des Weiteren hatte der VdW südwest seine mit den Mitgliedsunternehmen erarbeiteten und abgestimmten Forderungen in einem „offenen Positionspapier“ an alle an der Erarbeitung der neuen Richtlinie beteiligten Akteure kommuniziert.
Unter dem Strich erkennt der VdW südwest zwar die Bemühungen zur spürbaren Verbesserung der Förderbedingungen an, hält diese Bemühungen aber nur zum Teil für gelungen beziehungsweise ausreichend.
Die Änderungen gehen nach Auffassung des VdW südwest in eine richtige Richtung, aber dennoch wurde die Chance vertan, eine Art Paradigmenwechsel einzuleiten, mit der eine signifikante Verbesserung der Förderrahmenbedingungen hätte erreicht werden können. Die wesentlichen Eckpunkte der neuen Förderbedingungen in zusammengefasster Form mit einer kurzen Wertung:
Darlehen
Der Zinssatz der Darlehen liegt weiterhin bei 0,6 Prozent und gilt jeweils bis zum Ende der Bindungen, danach greift ein marktüblicher Zinssatz. Eine Ausnahme gilt für Modernisierungen, bei denen ein Zinssatz von 0,75 Prozent für mindestens 15 Jahre vorgegeben ist, bevor auch hier ebenfalls ein marktüblicher Zinssatz greift. Die Forderung des VdW südwest, eine Zinsfreiheit für 15 Jahre analog zum Wohnrauminvestitionsprogramm (WIPG) festzuschreiben, wurde nicht erfüllt. Die Darlehensbeträge werden in Abhängigkeit von den Grundstückswerten gestaffelt:
Geringe Einkommen
niedrigster Grundstückswert unter 200 Euro/Quadratmeter – Darlehenshöhe 1.100 Euro/Quadratmeter;
höchster Grundstückswert über 500 Euro/Quadratmeter – Darlehenshöhe 1.800 Euro/Quadratmeter.
Mittlere Einkommen
niedrigster Grundstückswert unter 200 Euro/Quadratmeter – Darlehenshöhe 600 Euro/Quadratmeter;
höchster Grundstückswert über 500 Euro/Quadratmeter – Darlehenshöhe 1.300Euro/Quadratmeter.
Dadurch erfolgt letztlich eine leichte Anhebung der Werte von rund 100 Euro pro Quadratmeter im Schnitt. Eine abschließende Vergleichbarkeit zu den bislang gewährten Darlehensbeträgen ist aber nicht ohne Weiteres möglich, da auch die Grundstückswertstufen verändert wurden. Die durchschnittliche Anhebung der Darlehensbeträge erscheint zwar zunächst positiv, fällt aber nach Auffassung des VdW südwest zu knapp aus. Positiv ist hingegen die neu enthaltene Einbeziehung der Grunderwerbsteuer bei der Ermittlung der Grundstückswerte.
Nachteilig ist wiederum der ersatzlose Wegfall des 50 Euro/Quadratmeter-Zuschlags für „nur barrierefreie“ Wohnungen. Ob dieser Nachteil durch den auf 150 Euro pro Quadratmeter angehobenen Zuschlag für rollstuhlgerechte Wohnungen kompensiert wird, erscheint fraglich. Gleiches gilt für die Förderung der mittleren Einkommen. In diesen Zusammenhang passte es auch, dass die pauschale Erhöhung der förderfähigen Wohnfläche um 16 Prozent nur noch für rollstuhlgerechte Wohnungen, nicht aber für „nur barrierefreie“ Wohnungen gilt.
Die zulässige Miete wird nach den neuen Förderbestimmungen auf 20 Prozent unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 558 BGB) bei geringen Einkommen festgelegt. Bei mittleren Einkommen beträgt die Vorgabe weiterhin 15 Prozent unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete. Die Absenkung der zulässigen Fördermiete hatte der VdW südwest im Vorfeld stark kritisiert.
Finanzierungszuschuss
Mit der deutlichen Anhebung der Finanzierungszuschüsse wurde eine Hauptforderung des VdW südwest aufgegriffen. Für geringe wie für mittlere Einkommen gelten jeweils zwei Varianten:
Geringe Einkommen
Variante 1: Erhöhung der Tilgungszuschüsse auf 20 Prozent (bei 20-jähriger Bindung);
Variante 2: 25 Prozent (bei 25-jähriger Bindung.
Mittlere Einkommen
Variante 1: Erhöhung der Tilgungszuschüsse auf 15 Prozent (bei 20-jähriger Bindung);
Variante 2: 20 Prozent (bei 25-jähriger Bindung).
Im Vergleich zu anderen Bundesländern wäre aber eine noch deutlichere Aufstockung wünschenswert gewesen. Zudem wären weitere Erhöhungen auch für bestimmte zusätzliche Ausstattungsqualitäten denkbar gewesen (zum Beispiel wie in Nordrhein-Westfalen).
Unverändert belassen wurde die regionale Förderkulisse für die Förderung bei „mittleren Einkommen“. Hier wurde die Begrenzung auf den Regierungsbezirk Darmstadt nicht aufgehoben, was den tatsächlichen Marktverhältnissen nach Einschätzung des VdW südwest nicht gerecht wird.
Sonstiges
Die technischen und energetischen Anforderungen an die Baumaßnahmen und den Wohnraum wurden lediglich punktuell herabgesetzt (Erleichterungen bei bestimmten Raumvorgaben, Küche und Barrierefreiheit), liegen aber weiterhin über dem Standard, der nach der Hessischen Bauordnung vorgegeben ist.
Der Grundsatz der kommunalen Finanzierungsbeteiligung als Fördervoraussetzung wurde beibehalten. Allerdings sind nach wie vor Ausnahmen hiervon für Genossenschaften und höchst punktuelle Ausnahmen für kommunale Wohnungsunternehmen möglich. Nachteilig ist die normierte Ausweitung der Belegungssicherung der Kommune auf Benennungsrechte, so dass die Möglichkeiten für Kommunen, einen bestimmten Mieter vorzugeben, gestärkt wurden. Dieser Punkt wird in der Praxis als Gefahr für gewachsene Bewohner- und Quartiersstrukturen angesehen.
Die Forderung auf Abschaffung des Bearbeitungsentgelts für die Zuschussgewährung wurde ebenfalls nicht umgesetzt. Neben der Fortführung wird auch weiterhin ein Bearbeitungsentgelt für Förderzusagen in Höhe von einem Prozent erhoben.
Die Tilgungsmöglichkeiten wurden von einem auf zwei Prozent erhöht. Abweichende Vereinbarungen mit der WIBank bleiben aber möglich. Bei der mittelbaren Belegung sind keine Veränderungen oder gar Verbesserungen vorgenommen worden. Allerdings bedarf es hier noch einer Umsetzung in gesonderten Verfahrensregelungen. Die Zielsetzung, hier zukünftig auch vermietete Wohnungen stärker mit einbeziehen zu können, wird der VdW südwest weiter verfolgen.
Erstmalig ist eine separate Förderung von bestimmten Modellprojekten vorgesehen. Die Förderung ist auch weiterhin als Nachfrageprüfung ausgestaltet, das heißt der Wohnungsbaubedarf am Errichtungsort muss dargelegt werden können. Gerade diese Art von „Monitoring“ ist für kleinere Kommunen aber häufig nur mit größerem Aufwand machbar.
Als Lösungsansätze hatte der VdW südwest eine spezielle Förderung oder verbesserte Rahmenbedingungen für die Möglichkeit interkommunaler oder kreisbezogener Konzepte mit entsprechender Förderung vorgeschlagen. Auch wenn bezüglich des zweiten Punktes leichte Verbesserungen vorgenommen wurden, werden diese nicht ausreichen, um die dargestellten Probleme zu lösen.