Soziale Verantwortung im Fokus
Tag der Wohnungswirtschaft 2020 mit Teilnehmerrekord


TdW 2020
© GdW
Berlin – Mit über 1.000 Zuschauern hat der erste virtuelle Tag der Wohnungswirtschaft 2020 am 23. November 2020 eine Rekord-Teilnehmerzahl erzielt. Das große Branchentreffen der Wohnungswirtschaft fand in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie als aufregendes Online-Event statt. In mehreren Livetalks diskutierte der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW mit hochrangingen Vertretern aus Politik und Wirtschaft unter dem Motto „Soziale Verantwortung jetzt! Sicher leben – Neues Wohnen gestalten“ über Transformation, Gerechtigkeit und Klimaschutz beim Wohnen.

GdW-Präsident Axel Gedaschko, Moderatorin Katie Gallus, und der GdW-Verbandsratsvorsitzende Franz-Bernd GroßeWilde eröffneten gemeinsam den großen virtuel-len Kongress, auf dem Große-Wilde selbst in der Delegiertenversammlung für fünf weitere Jahre wiedergewählt wurde. Die Zuschauer konnten die Zeit der nichtöffentlichen Delegiertenversammlung nutzen, um die virtuelle Event-Lobby des Tages der Wohnungswirtschaft zu erkunden und sich informative Fachvorträge anzuschauen.

TdW Digitalisieurng
© GdW
Neue Unternehmen – Neue Technologien

Die Digitalisierung ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Zu diesem Trendthema sprachen der GdW-Digitalisierungsexperte und Leiter des Kompetenzzentrums Digitalisierung DigiWoh, Arne Rajchowski, und Moderatorin Katie Gallus mit Vertretern aus der Star-tupBranche, die live ins Studio zugeschaltet wurden. Klaus Straub, Mit-Initiator des Startup-Accelerators der Wohnungswirtschaft hubitation, Martin Staudacher, Gründer der Wohnungshelden, und Björn Grindberg, COO von Spielfeld, stellten dabei ihre Ideen für die Zukunft des Wohnens vor.

Die Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, Anne Katrin Boh-le, verwies in ihrer Ansprache auf die positiven Ergebnisse der Umfragen anlässlich der Coronakrise, die der GdW im Laufe des Jahres unter den Mitgliedsunternehmen durchgeführt hat. Trotz der Corona-Pandemie kam es kaum zu Mietausfällen und kein Mieter der sozialverantwortlichen Wohnungsunternehmen hat seine Wohnung verloren. Bohle lobte die Wohnungswirtschaft als wichtigen Stabilitätsanker und verlässlichen Partner in dieser schwierigen Zeit.

TdW Mietendeckel
© GdW
Sense statt Deckel

Ein weiteres bestimmendes Thema am Tag der Wohnungswirtschaft war das Inkrafttreten der zweiten Stufe des Berliner Mietendeckels ebenfalls am 23. November. Über die Bedeutung des Gesetzes für die Wohnungswirtschaft diskutierten Christine Richter, Chefredakteurin der Berliner Morgenpost, und Frank Schrecker, Vorstandsvorsitzender der Wohnungsbaugenossenschaft Berolina. Während viele Mieter das Gesetz zunächst positiv bewerteten, beschrieb Schrecker die Stimmung in der Wohnungswirtschaft als besorgt. Er befürchte durch die Politik der rot-rot-grünen Hauptstadtregierung eine weitere Spaltung in der Gesellschaft. Schrecker beschrieb das Gesetz angesichts der Mietenabsenkung als Sense statt Deckel. Die beiden Gäste waren sich einig, dass in der Wohnungspolitik bereits ausreichend Instrumente zur Regulierung bestehen, die allerdings besser durchgesetzt werden müssen. Schrecker kritisierte außerdem, dass das Gesetz das Grundproblem von zu wenig Neubau nicht lösen werde und mehr sozialer Wohnungsbau notwendig sei. Richter hob Hamburg dabei als positives Beispiel hervor. Dort wurde ein wirksames Bündnis gegründet, um den bezahlbaren Neubau anzukur-beln.

Wohnungsbaupolitik: Günstiger und kreativer bauen

Weniger Konsens herrschte in der Diskussion zur Wohnungsbaupolitik, an der neben Gedaschko und Große-Wilde die Bundestagsabgeordneten Oliver Krischer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, und Frank Sitta, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP, teilnahmen. Krischer verteidigte die von den Grünen befürwortete Neue Wohnungsgemeinnützigkeit mit der Begründung, dass sie einen Beitrag zum Ankurbeln eines durchmischten Neubaus leisten könne. Sitta hingegen betonte die Wirksamkeit von Angebot und Nachfrage und wies darauf hin, dass es in der deutschen Wohnungspolitik bereits ausreichend Regulierungen gebe. Er merkte an, dass das Preissignal ein Zeichen dafür sei, dass mehr, schneller, günstiger und auch kreativer gebaut werden müsse, um das Angebot politisch zu erhöhen. Auch hier war der Mietendeckel Thema: GroßeWilde forderte die Politik auf, gegen die Ursachen des teuren Wohnens vorzugehen, statt den Wettbewerb zu verzerren. Darüber hinaus forderte er mehr Flexibilität für die Kommunen und Weitblick für langfristige Investitionen. Zudem forderte GdW-Präsident Gedaschko, ein größeres politisches Augenmerk auf die Stärkung der Regionen außerhalb der Städte zu legen.

Stimmen aus Brüssel und dem Kanzleramt

In einer Liveschalte aus Brüssel erläuterte Sorcha Edwards, Generalsekretärin des europäi-schen Dachverbandes Housing Europe, was die Verschärfung der europäischen Klimaziele für die Wohnungswirtschaft bedeutet. Sie warnte davor, dass es ohne richtige Finanzierung zu negativen sozialen Auswirkungen komme. „Wir werden mit der Europäischen Kommission zusammenarbeiten, um das Bewusstsein dafür zu schärfen“, so Edwards.

TdW Helge Braun
© GdW
Prof. Dr. Helge Braun, Chef des Bundeskanzleramts, ging in seinem Vortrag vor allem auf die Folgen der Corona-Pandemie auf unsere Gesellschaft ein. Es sei davon auszugehen, dass sich die Prioritäten und die Ansichten darüber, wie und wo Menschen wohnen möchten, stark verändern werden. Dieses Thema werde uns die nächsten Monate noch stark beschäftigen. Braun zeigte sich aber auch hoffnungsvoll, dass die Pandemie im nächsten Jahr ihren Schrecken verlieren könnte. Er setze dabei auf die Errungenschaften aus Wissenschaft und Medizin.

Professionelles Quartiersmanagement notwendig

Im Mittelpunkt der Diskussionsrunde zum Thema Gerechtigkeit standen die Ergebnisse der vertiefenden Studie „Herausforderung: Zusammenleben im Quartier“ des Institus Minor im Auftrag des GdW, die pünktlich zum Tag der Wohnungswirtschaft veröffentlicht wurde. Gemeinsam mit Bernhard Daldrup, wohnungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, diskutierten GdW-Geschäftsführer Dr. Christian Lieberknecht und Minor-Geschäftsführer Christian Pfeffer-Hoffmann über die Bedeutung von Wohnquartieren. Die neue Studie zeigt auf, dass sich in der Coronakrise die soziale Situation in etwa der Hälfte der Quartiere verbessert und in der anderen Hälfte verschlechtert hat. Lieberknecht betonte, dass Wohnungsunternehmen nicht allein für die gesellschaftliche Reparatur verantwortlich gemacht werden können und staatliche Unterstützung dringend notwendig sei.

Transformation: Chancen und Risiken der Digitalisierung

In der Diskussion zum Schwerpunkt Transformation waren sich Ingeborg Esser, Hauptgeschäftsführerin des GdW, Elisabeth Winkelmeier-Becker, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, und Prof. Dr. Oliver Thomas vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz darüber einig, dass die Digitalisierung ein Mittel zum Zweck ist und sie schlussendlich der Gesellschaft dienen muss. Esser betonte, dass schnelles Internet die Grundvoraussetzung für alles Digitale sei. Für den Plan der Wohnungswirtschaft, schnellstmöglich eine Million Wohnungen ans Glasfasernetz zu bringen, sei aber Investitionssicherheit unbedingt notwendig. Dafür müsse die Umlagefähigkeit des Kabelanschlusses in der Betriebskostenabrechnung im Telekommunikationsgesetz erhalten und das gesamte Nebenkostenrecht weiterentwickelt werden, hin zu Teilinklusivmieten und Flatrate-Modellen.

Klimaschutz: Streitthema CO2-Bepreisung

In Sachen Klimaschutz diskutierten Florian Pronold, Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes, und GdW-Präsident Axel Gedaschko über die Kostenteilung bei der CO2- Be-preisung. Während Siebenkotten eine hundertprozentige Kostenübernahme durch Vermieter als Anreiz für Wohnungsunternehmen sieht, mehr in die energetische Sanierung zu investie-ren, kritisierte Gedaschko sehr deutlich, dass damit insbesondere Unternehmen, die bereits viel in den Klimaschutz investiert haben, bestraft werden. Pronold sah sich in dieser Diskussi-on als Vermittler und schlug ein digitales Anzeigesystem für Verbraucher vor, um den Energie-verbrauch in der Wohnung konstant im Blick behalten zu können.

Stipendien für die besten Immobilienkaufleute

Bereits zum 11. Mal vergab der GdW auf dem Tag der Wohnungswirtschaft drei Stipendien an die bundesweit besten Absolventen der Ausbildung zur Immobilienkauffrau/-mann, die ihre Ausbildung bei einem der Mitgliedsunternehmen des GdW und seiner Regionalverbände mit sehr gutem Ergebnis abgeschlossen haben. Florian Pronold übergab die Stipendien gemeinsam mit Gedaschko an Niels Schröder, Carla Frömbling und Marco Heng. Die Stipendien gelten für ein berufsbegleitendes Bachelorstudium Real Estate an einer von den wohnungswirt-schaftlichen Verbänden eingerichteten Hochschule.

Spenden für soziale Projekte

Als langjähriger Unterstützer der Deutschen Entwicklungshilfe für soziales Wohnungsund Sied-lungswesen (DESWOS) spendete Vodafone Kabel Deutschland auch in diesem Jahr 20.000 Euro, um den Bau eines Gesundheitszentrums in Nepal zu unterstützen. Der Generalsekretär des DESWOS, Gerhard Müller, nahm den Spendencheck dankend entgegen und betonte die immense Bedeutung der Gesundheit in diesen Zeiten.

Die Inhalte des Tages der Wohnungswirtschaft stehen Ihnen online unter www.tagderwohnungswirtschaft.berlin noch bis zum 31. Dezember 2020 zur Verfügung. Ein großes Interview der Süddeutschen Zeitung mit GdW-Präsident Axel Gedaschko anlässlich Jahreshauptveranstaltung der Wohnungswirtschaft können Sie hier nachlesen: https://bit.ly/3pX4wk5

Fotos (Copyright für alle: GdW):
1: Klimaschutz sozialverträglich umsetzen: Darüber diskutierte Moderatorin Katie Gallus mit Axel Gedaschko (GdW), Florian Pronold (SPD) und Lukas Siebenkotten (DMB). (v. l.)
2: Die Chancen der Digitalisierung erörterten Elisabeth WinkelmeierBecker (CDU) (l.) und Ingeborg Esser (GdW) (r.) am Thementisch Transformation.
3: Über die Folgen des Mietendeckels diskutierten Christine Richter (Berliner Morgenpost) (l.) und Frank Schrecker (Berolina eG) (r.).
4: Bundeskanzleramtschef Prof. Dr. Helge Braun zeigte sich hoffnungsvoll, dass die Pandemie 2021 ihren Schrecken verlieren könnte.