Neues zur Rechnungsanschrift
Vorsteuerabzug aus Rechnungen mit Briefkastenadresse zulässig

Rechnungsanschrift 3.2018Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat den Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) und seine um­satz­steu­er­recht­li­che Recht­spre­chung erneut in die Schran­ken ge­wie­sen. In seiner jüngsten Entscheidung beanstandet er die äu­ßerst for­ma­lis­ti­sche Sichtweise des BFH hinsichtlich der hohen Hürden richtiger Rech­nungs­an­ga­ben für den Leis­ten­den - ins­be­son­de­re be­zo­gen auf das Merk­mal „voll­stän­di­ge An­schrift“.

In der Vergangenheit versagte die Finanzverwaltung Un­ter­neh­men als Leistungsempfängern immer wieder den Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen mit der Be­grün­dung, dass die auf der Rechnung angegebene An­schrift des leistenden Unternehmers nicht mit dem Ort sei­ner wirt­schaft­li­chen Tätigkeit übereinstimme. Das Er­for­der­nis der „voll­stän­di­gen An­schrift“ sei da­her nicht er­füllt.

So auch in zwei aktuellen EuGH-Urteilen vom 15. November 2017 (Az.: C-374/16 und C-375/16) zu­grun­de lie­gen­den Verfahren, die Un­ter­neh­mer betrafen, die jeweils einen Kfz-Handel betrieben. Die Un­ter­neh­mer be­gehr­ten den Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen, in denen die leistenden Un­ter­neh­mer le­dig­lich ihre Briefkastenadressen angegeben hatten. In beiden Verfahren hatten die Finanzämter den Vor­steu­er­ab­zug ver­sagt. Die zuständigen Finanzgerichte kamen zu abweichenden Ergebnissen. Der BFH sah sich au­ßer­stan­de, eine einheitliche Entscheidung zu treffen, und ersuchte den EuGH um Klärung. Dieser stellte fest, dass die An­ga­be einer Adresse, unter der der Leistende postalisch erreichbar ist, ausreichend ist. Um den Zie­len der Mehr­wert­steu­er­sys­tem-Richt­li­nie zu genügen, sei eine Verpflichtung zur Angabe der Anschrift, unter der der Rech­nungs­aus­stel­ler seine wirtschaftliche Tätigkeit ausübe, unionsrechtswidrig.

Mit dieser Entscheidung schlägt sich der EuGH noch stärker auf die Seite der Unternehmen, denn in der Praxis sind die formalen Vo­raus­set­zun­gen für den Vorsteuerabzug bereits mit ho­hem Zeit­auf­wand verbunden. Eine Prü­fung, ob an der ausgewiesenen Anschrift auch tat­säch­lich die wirt­schaft­li­che Tätigkeit des Unternehmens erfolgt, entfällt nunmehr.

Bildquelle: Udo Koranzki

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