WEG
Anspruch auf Lärmschutz bei Auswechselung des Teppichs durch Fliesen


Fliesenlegen
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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 26. Juni 2020 entschieden, dass ein Wohnungseigentümer beim Austausch des Bodenbelags die Mindestanforderungen an den Schallschutz auch einhalten muss, wenn die Trittschalldämmung des Gemeinschaftseigentums mangelhaft ist und der Trittschall ohne diesen Mangel schallschutzkonform wäre.

BGH, Urteil vom 26. Juni 2020, Az.: V ZR 173/19

Der Sachverhalt

Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Wohnung des Klägers befindet sich im zweiten Obergeschoss des 1962 errichteten Hauses, die Wohnung des Beklagten in dem darüber liegenden Dachgeschoss. Dieses war 1995 zu Wohnraum ausgebaut und mit Teppichboden ausgestattet worden. 2008 ließ der Beklagte den Teppichboden durch Fliesen ersetzen. Der Kläger macht geltend, seitdem komme es in seiner Wohnung zu unzumutbaren Lärmbelästigungen durch Trittschall. Ein im Jahr 2013 von der Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft in Auftrag gegebenes Gutachten ergab, dass die Trittschalldämmung der Wohnungstrenndecke mit dem Fliesenbelag nicht den schallschutztechnischen Mindestanforderungen entspricht.

Mit der Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten, wieder Teppichboden oder einen in der Trittschalldämmung gleichwertigen Bodenbelag mit einem Trittschallverbesserungsmaß von mindestens 15 Dezibel zu verlegen, hilfsweise durch geeignete Maßnahmen einen Normtrittschallpegel des Fußbodens von = 53 Dezibel herzustellen.
Das Amtsgericht hat der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Das Landgericht hat das Urteil geändert und unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung dem Hilfsantrag stattgegeben.

Die Entscheidung

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die hiergegen gerichtete Revision des Beklagten zurückgewiesen.

Rechtlicher Maßstab für die zwischen den Wohnungseigentümern hinsichtlich des Schallschutzes bestehenden Pflichten ist § 14 Nr. 1 WEG. Danach ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Ein solcher Nachteil ist dem Kläger infolge des Austauschs des Bodenbelags entstanden.

Der im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander zu gewährende Schallschutz richtet sich nach der DIN 4109, wenn ein vorhandener Bodenbelag durch einen anderen ersetzt und dabei nicht in den unter dem Belag befindlichen Estrich und die Geschossdecke eingegriffen wird. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Trittschalldämmung des Gemeinschaftseigentums mangelhaft ist und der Trittschall ohne diesen Mangel den schallschutztechnischen Mindestanforderungen entspräche. Zwar muss der Schallschutz in erster Linie durch die im Gemeinschaftseigentum stehenden Bauteile gewährleistet werden. Daraus folgt aber nur, dass das bislang erreichte Schallschutzniveau bei Eingriffen in das Gemeinschaftseigentum erhalten bleiben muss beziehungsweise nicht signifikant verschlechtert werden darf. Das ändert nichts daran, dass der Wohnungseigentümer gehalten ist, bei der Änderung des Bodenbelags die schallschutztechnischen Mindestanforderungen einzuhalten.

Anders kann es sein, wenn bei einer mangelhaften Trittschalldämmung des Gemeinschafts-eigentums der Wohnungseigentümer keine zumutbare Abhilfemöglichkeit hat. Solange er aber mit zumutbaren Maßnahmen an seinem Sondereigentum die Mindestanforderungen an den Trittschallschutz einhalten kann, zum Beispiel durch Verlegung eines schalldämpfenden Teppichbodens oder eines zusätzlichen Bodenbelags, kann der andere Wohnungseigentümer gemäß § 1004 BGB und § 15 Abs. 3 WEG i. V. m. § 14 Nr. 1 WEG von ihm die Beseitigung der Beeinträchtigungen seines Wohneigentums verlangen.

So ist es hier. Der Trittschallpegel überschreitet die maßgeblichen Grenzwerte der DIN 4109. Dem Beklagten ist die Einhaltung der Mindestanforderungen an den Trittschall auch zumutbar. Er kann dies nach den Feststellungen des Berufungsgerichts durch vergleichsweise einfache Maßnahmen erreichen, nämlich durch die Verlegung eines Teppichbodens oder die Anbringung eines zusätzlichen Bodenbelags auf die bestehenden Fliesen. Welche Maßnahme er ergreift, bleibt ihm überlassen. Dagegen ist die Ertüchtigung des Gemeinschaftseigentums aufwändiger und mit weitaus höheren Kosten verbunden.

Bundesgerichtshof

Kaup, HelenaIhre Ansprechpartnerin
RAin Helena Kaup


Referentin für Recht, Syndikusrechtsanwältin
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