Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz
Das WEMoG ist seit dem 1. Dezember 2020 in Kraft


E-Mobilität
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Ziel des Gesetzes zur Förderung der Elektromobilität und Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes – WEMoG ist unter anderem, dass Wohnungseigentümern ein Anspruch auf den Einbau einer Lademöglichkeit für ein Elektrofahrzeug, den barrierefreien Aus- und Umbau sowie auf Maßnahmen des Einbruchsschutzes eingeräumt wird. Die Kosten sind vom Wohnungseigentümer zu tragen. Auch im Mietrecht steht dieser Anspruch künftig dem Mieter gegenüber dem Vermieter zu. Das Gesetz sieht weiter eine erleichterte Beschlussfassung für bauliche Veränderungen und eine Stärkung der Rechte von Wohnungseigentümern sowie eine Harmonisierung der Vorgaben zur Betriebskostenabrechnung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) vor.

I. Änderungen im Mietrecht


§ 554a BGB (Barrierefreiheit) wurde durch § 554 BGB abgelöst. Nach der bisherigen Regelung konnte der Mieter vom Vermieter die Zustimmung zu baulichen Veränderungen oder sonstigen Einrichtungen verlangen, die für eine behindertengerechte Nutzung der Mietsache oder den Zugang zu ihr erforderlich sind, wenn er ein berechtigtes Interesse daran hat. Diese Vorschrift erfährt durch die Neufassung insofern eine Erweiterung, die nicht nur eine behindertengerechte Nutzung der Mietsache umfasst, sondern auch bauliche Veränderungen
privilegiert werden, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge oder dem Einbruchschutz
dienen.

§ 554 Abs. 1 S. 1 BGB normiert, unter den in der Vorschrift näher bestimmten Voraussetzungen, einen Mieteranspruch auf Zustimmung zu einer Vertragsänderung. Die Vorschrift enthält kein gesetzliches Umbaurecht des Mieters, insbesondere kein Recht zur Erweiterung des vertraglichen Gebrauchs. Will also der Mieter die in der Vorschrift beschriebenen baulichen Maßnahmen durchführen, muss ihm der Vermieter vorher die Erlaubnis hierzu erteilen. Anspruchsberechtigt ist allein der Mieter. Ohne Belang ist dabei, ob der Mieter die entsprechende bauliche Maßnahme für sich selbst benötigt oder aber für Angehörige seines Haushalts, die nicht in eigener Person Vertragspartei sind. Das Gewicht der mieterseitigen Umbaugründe ist erst im Rahmen der Interessenabwägung nach Satz 2 zu berücksichtigen. Die Kosten für die Maßnahme sind allein vom Mieter zu tragen.

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Für den barrierefreien Ausbau konnte der Vermieter nach § 554a BGB seine Zustimmung von
einer Sicherheit des Mieters abhängig machen. Dies ist nach der Neufassung nicht mehr der
Fall. Nach § 554 Abs. 1 Satz 3 BGB kann der Mieter sich nunmehr im Zusammenhang mit der
baulichen Veränderung zur Leistung einer besonderen Sicherheit verpflichten. Möglich ist also
eine sogenannte Zusatzkaution, die bei einem Kreditinstitut zum üblichen Zinssatz hinterlegt
werden muss. Insbesondere bei keinem eindeutigen Abwägungsergebnis sollte zur Streitvermeidung eine entsprechende Vereinbarung über eine Zusatzkaution getroffen werden. Dem Vermieter treffen lediglich Nebenpflichten, also Informationen, die zur Umsetzung der baulichen Maßnahmen erforderlich sind, wie die vorhandene Stromversorgung, Verlauf von Kabeln, aber auch die Abgabe von Gestattungserklärungen gegenüber Handwerkern. Der Vermieter kann nicht die Ausführung durch bestimmte Handwerker verlangen.

1. Privilegierten Maßnahmen nach § 554 BGB

Die erste Variante des neuen § 554 BGB betrifft bauliche Veränderungen, die Menschen mit Behinderung den Gebrauch der Mietsache erleichtern. Die Definition der entsprechend erfassten Maßnahmen entspricht der bis zur Neufassung geltenden Vorschrift in § 554a BGB.

Die zweite Variante betrifft bauliche Veränderungen, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen. Vom Anwendungsbereich erfasst sind zunächst Fahrzeuge gemäß § 2 Nr. 1 des Elektromobilitätsgesetztes (EmoG), also elektrisch betriebene Fahrzeuge. Dazu zählen elektrisch betriebene Fahrzeuge, also reine Batterieelektrofahrzeuge, von außen aufladbare Hybridelektrofahrzeuge oder Brennstoffzellenfahrzeuge. Aber auch elektrisch betriebene Zweiräder und spezielle Elektromobile für Gehbehinderte, die nicht in den Anwendungsbereich des Elektromobilitätsgesetzes fallen, sind unter dem Anwendungsbereich zu subsumieren. Dem Laden dieser Fahrzeuge dienen alle bauliche Veränderungen, die es dem Mieter ermöglichen Strom in Fahrzeuge einzuspeisen bzw. aus diesen auszuspeisen. Gemeint ist die Installation einer Lademöglichkeit, etwa in Form der Verlegung einer Stromleitung und der Installation einer Ladeeinrichtung, zum Beispiel einer sogenannten Wall-Box. Dies gilt nicht nur für den Ersteinbau sondern auch für die Verbesserung vorhandener Einrichtungen.

Nach dem Gesetzeswortlaut handelt es sich um eine bauliche Veränderung der "Mietsache". Daher muss der entsprechende Parkplatz dem Mieter auch zugewiesen sein. Die Zuweisung erfolgt in aller Regel über den Mietvertrag oder über einen gesonderten Stellplatzvertrag. Ohne eine entsprechende Zuweisung würde es sich um einen Anspruch auf räumliche Erweiterung des Gebrauchsrechts handeln und damit um eine erweiternde Vertragsänderung, die von der neuen Vorschrift nicht umfasst ist. So kann der Mieter keine Einrichtung einer Wall-Box auf dem Hof des Gebäudes verlangen.

Die dritte Variante betrifft bauliche Veränderungen, die dem Einbruchschutz dienen. Erfasst sind bauliche Veränderungen, die geeignet sind, den widerrechtlichen Zutritt zur Wohnung des Mieters zu verhindern, zu erschweren oder auch nur unwahrscheinlicher zu machen. Der Anspruch ist nach der Begründung nicht auf bauliche Veränderungen in Bereichen beschränkt, die dem Mieter zum exklusiven Gebrauch zugewiesen sind, wie es etwa beim Einbau eines Wohnungstürspions der Fall ist. Er kann sich vielmehr auch auf die Erlaubnis der Ausführung von Einbruchschutzmaßnahmen in Bereichen des Grundstücks oder des Gebäudes richten, die dem Mieter nur zum Mitgebrauch vermietet wurden. Erfasst wäre hier zum Beispiel der Einbau eines einbruchhemmenden Schließsystems an der Hauseingangstür.

2. Ausschluss des Anspruchs auf Erlaubnis – Interessenabwägung

Gemäß § 554 Abs. 1 S. 2 BGB besteht der Anspruch nicht, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. Erforderlich ist eine Abwägung zwischen den nachteiligen Folgen der baulichen Veränderung für den Vermieter mit dem Interesse des Mieters an der Ausführung der Baumaßnahme. Jede Partei trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die zu ihren Gunsten bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen sind.

Kriterien auf Seiten des Vermieters könnten sein:
  • Konservierungsinteresse: Durch bauliche Veränderung wird in die Substanz der Mietsache eingegriffen,
  • gefahrträchtiger Zustand oder baurechtswidrige Situation,
  • negative Auswirkungen auf Rechtsbeziehungen zu Dritten, etwa zu anderen Mietern oder Grundstücksnachbarn,
  • Rückbaurisiko: Zwar ist der Mieter nach § 546 BGB bei Beendigung des Mietverhältnisses zum Rückbau verpflichtet, allerdings trägt der Vermieter die Gefahr, dass er, wenn der Mieter sich weigert oder die Maßnahme schlicht unterlässt – den Rückbau zunächst auf eigene Kosten ausführen muss (Vorleistung) und den Mieter erst dann auf Kostenersatz in Anspruch nehmen kann,
  • hoher baulicher Aufwand und damit verbundene Beeinträchtigungen – etwa bei weiter Entfernung vom Parkplatz zum Hausanschluss oder notwendiger Verstärkung des Hausanschlusses, eventuell bereits vorhandene Ladestationen, begünstigte Person: Unmittelbar der Mieter oder ein Haushaltsangehöriger, welcher zum Beispiel erst seit kurzer Zeit mit dem Anspruchsberechtigten im Haushalt lebt und noch von keiner Verfestigung in der Hausgemeinschaft ausgegangen werden kann. Der Mieter selbst muss aber nicht zwingend die behindertengerechten Maßnahmen benötigen.

Kriterien auf Seiten des Mieters könnten sein:
  • gesamtgesellschaftliches Interesse am Klimaschutz oder altersgerechten Wohnen,
  • vorhandenes E-Fahrzeug,
  • geringer baulicher Aufwand; insbesondere bei Ladestationen, wenn der Abstellplatz in  unmittelbarer Nähe des Hausanschlusses beziehungsweise der Hausverteilung liegt.

3. Technische Anforderungen im Rahmen der Interessenabwägung (Einbau einer Ladestation)

Bei der Interessenabwägung sind im Rahmen des Anspruchs des Mieters zum Einbau einer
Ladeeinrichtung insbesondere auch technische Anforderungen beziehungsweise Schnittstellen zu berücksichtigen, über die sich Vermieter und Mieter vor Erteilung der Erlaubnis verständigen müssen und die zur Umsetzung der baulichen Maßnahme von entscheidender Bedeutung sein dürften:
  • Ausreichende Ladeinfrastruktur
Damit die bauliche Veränderung auch tatsächlich dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge
dient, muss eine entsprechende Ladeinfrastruktur vorgehalten bzw. eingerichtet werden. Es müssen Kabel und Schutzrohre verlegt werden, die vom Parkplatz bis zum Hausanschluss reichen.
  • Leistungskapazitäten der Hausanschlüsse oder die der Ortsnetze
Reichen die Leistungskapazitäten der vorhandenen Hausanschlüsse? Müssen diese bei Betrieb der Ladestation ausgeweitet werden?
  • Elektro-Hausinstallation und Unterverteilung etwa in der Tiefgarage
Gerade in Tiefgaragen und Parkhäusern sind regelmäßig nur Elektroinstallationen für die Beleuchtung vorgesehen. Auch die davorliegende Infrastruktur ist nur für verhältnismäßig geringe Leistungen ausgelegt. Insofern ist abzuwägen, ob eine nachträgliche Verstärkung notwendig ist oder ob eine Neuverkabelung erfolgen müsste.
  • Brandschutz und hier die Querung von Brandabschnitten bei der Installation
Die Querung von Brandabschnitten und die Veränderung von Brandlasten zu bestehenden Brandschutzkonzepten ist mit entsprechenden Experten zu beraten. Sollte sich die Notwendigkeit von automatisierten Feuerlöscheinrichtungen zum Beispiel in Tiefgaragen abzeichnen, sind erhebliche Eingriffe in die Substanz notwendig.

Ferner macht es für Dauer und Umfang der Maßnahme einen Unterschied, ob sich der Hausanschluss – von dem der Strom gewonnen wird – in der Nähe des zugewiesenen Parkplatzes befindet oder aber weiter entfernt ist.

4. Konkretisierungspflicht des Mieters

Damit die Interessenabwägung überhaupt durchgeführt werden kann, ist das Verlangen des Mieters soweit wie möglich zu konkretisieren. Der Mieter kann also nicht in allgemeiner Art und Weise  verlangen, etwa eine Ladestation auf seinem Parkplatz einzurichten. Notwendig ist zudem, dass der Mieter mitteilt, wie die bauliche Veränderung im Rahmen der hier dargestellten technischen Anforderungen erfolgen soll. Denn so wie der Vermieter Modernisierungsmaßnahmen zu erklären hat, gilt dies hier entsprechend auch für den Mieter.

5. Pflicht zum Rückbau nach Ende des Mietvertrages

Nach Ende des Mietvertrages ist der Mieter nach allgemeinen Grundsätzen zum Rückbau verpflichtet, vgl. § 546 BGB. Die Rückbaupflicht schließt die Beseitigung eventuell vorhandener Einbauspuren ein und besteht auch dann, wenn der Vermieter seine Zustimmung zu den Änderungen gegeben hat. Mit einer solchen Zustimmung ist auch ohne besonderen Vorbehalt grundsätzlich nicht das Einverständnis verbunden, die Änderung auf Dauer, also über das Vertragsende hinaus, hinzunehmen und sich so gegebenenfalls bei den Weitervermietungsmöglichkeiten einzuschränken.

Aber es kann nach Treu und Glauben auch ein Verbleib der Einbauten in Betracht kommen, etwa bei installierten Elektroleitungen, die nach Auszug des Mieters noch verwendet werden können. Dieser Punkt sollte Teil einer ausdrücklichen Gestaltungsvereinbarung sein. Der Vermieter kann keine für den Mieter nachteilige Vereinbarungen mit ihm abschließen, etwa der Verzicht auf derartige Einbauten (§ 554 Abs.2 BGB). Gegebenenfalls besteht ein Interesse der Parteien von einer Rückbaupflicht abzuweichen. In diesem Fall sollte eine Regelung erfolgen, wonach nach Ende des Mietvertrages die Ladestation in das Eigentum des Vermieters übergeht.

II. Änderungen im WEG


1. Bauliche Veränderungen

Der neue § 20 WEG regelt das Verfahren bei baulichen Veränderungen.

a) Anspruch auf Barrierefreiheit, das Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge, Einbruchschutz und Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität

Gemäß § 20 Abs. 2 WEG kann jeder Wohnungseigentümer angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderung, dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge, dem Einbruchschutz oder dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität dienen. Über die Durchführung ist im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung zu entscheiden.

§ 20 Abs. 2 S. 1 WEG begründet einen Individualanspruch eines Wohnungseigentümers.
Der Anspruch bezieht sich aber nur auf das "Ob" der Maßnahme; über das "Wie" entscheiden
die Wohnungseigentümer im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung. Weiter regelt § 20 Abs.
2 Nr. 2 WEG die Zulässigkeit baulicher Veränderungen, die dem Laden elektrisch betriebener
Fahrzeuge dienen, allein für das gemeinschaftliche Eigentum. Er ersetzt damit den vormals geltenden § 22 Absatz 1 und 2, Sondereigentum wird nach § 13 WEG behandelt.

b) Weitere bauliche Veränderungen

Nach § 20 Abs. 1 WEG können die Wohnungseigentümer Maßnahmen beschließen oder
einem Wohnungseigentümer gestattet werden, die über die ordnungsgemäße Erhaltung des
gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen.

Die Vorschrift tritt inhaltlich an die Stelle des bislang geltenden § 22 Abs. 1 WEG. Gestrichen
wurde allein der Begriff der "besonderen Aufwendungen", der von geringer praktischer Relevanz war. Ein besonderes Quorum sieht § 20 Abs. 1 WEG nicht vor; hier genügt die einfache Stimmenmehrheit.

In § 20 Abs. 3 WEG wird ein Anspruch auf Gestattung einer baulichen Veränderung begründet, durch die kein Wohnungseigentümer in rechtlich relevanter Weise beeinträchtigt wird.

Eine Beeinträchtigung ist dann nicht relevant, wenn sie nicht über das bei einem geordneten
Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus geht oder die über dieses Maß hinaus beeinträchtigten Wohnungseigentümer einverstanden sind. Inhalt des Anspruchs ist auch hier ein Gestattungsbeschluss nach § 20 Abs. 1 WEG.
Baulichen Veränderungen werden durch § 20 Abs. 4 WEG dann aber Grenzen gesetzt, wenn
sie die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen würden.

c) Nutzung und Kosten bei baulichen Veränderungen

§ 21 WEG regelt Nutzungen und Kosten bei baulichen Veränderungen gemeinschaftlichen
Eigentums. Er dient vor allem dem Schutz derjenigen Wohnungseigentümer, die eine bauliche Veränderung ablehnen. Unterschieden werden drei Arten von baulichen Veränderungen:

  • bauliche Veränderungen, die ein Wohnungseigentümer selbst durchführt oder die auf sein Verlangen nach § 20 Abs. 2 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt werden, vgl. Abs. 1. Kostentragung durch entsprechenden Wohnungseigentümer,
  • bauliche Veränderungen, die mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen wurden, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, vgl. Abs. 2 Nr. 1. Grundsatz der Kostentragung aller Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile,
  • bauliche Veränderungen, deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren, vgl. Abs. 2 Nr. 2. Grundsatz der Kostentragung aller Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile,
  • andere bauliche Veränderungen. Kostentragung durch diejenigen Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis ihrer Anteile, die sie beschlossen haben, vgl. Abs. 3.

Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn der Wohnungseigentümer zunächst nicht zugestimmt hat, später aber seine Meinung ändert.

2. Online-Teilnahme an Versammlungen – Umlaufbeschlüsse

Gem. § 23 Abs. 1 WEG können die Wohnungseigentümer beschließen, dass Wohnungseigentümer an der Versammlung auch ohne Anwesenheit an deren Ort teilnehmen und sämtliche oder einzelne Eigentümer ihre Rechte ganz oder teilweise im Wege elektronischer Kommunikation ausüben können.

Die Regelung sieht eine Beschlusskompetenz für die Online-Teilnahme an der Versammlung der Wohnungseigentümer vor. Die Beschlusskompetenz ermöglicht es aber nicht, die  Präsenzversammlung insgesamt zu Gunsten einer reinen Online-Versammlung abzuschaffen. Das Recht jedes Wohnungseigentümers, physisch an der Versammlung teilzunehmen, steht damit nicht zur Disposition der Mehrheit. Insofern sollte zumindest ein Versammlungsort bekannt gegeben werden. Umlaufbeschlüsse können künftig im Wege elektronischer Kommunikation gefasst werden, zum Beispiel per E-Mail, über Internetplattformen oder über Apps.

3. Einberufung, Vorsitz, Niederschrift

Gem. § 24 WEG wird die Versammlung der Wohnungseigentümer von dem Verwalter mindestens einmal im Jahr einberufen. Die Versammlung der Wohnungseigentümer muss von dem Verwalter in den durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer bestimmten Fällen, im Übrigen dann einberufen werden, wenn dies in Textform unter Angabe des Zweckes und der Gründe von mehr als einem Viertel der Wohnungseigentümer verlangt wird. Die Einberufung erfolgt in Textform. Die Frist der Einberufung soll, sofern nicht ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt, mindestens drei Wochen betragen.
Die Versammlung ist zunächst beschlussfähig, unabhängig davon, wie viele Wohnungseigentümer an ihr teilnehmen, vgl. § 25 WEG. Durch die weiteren gemäß in § 24 WEG dargestellten Änderungen ist damit eine wesentliche Erleichterung der Wohnungseigentümerversammlungen verbunden.

4. Die Stellung des Verwalters – zertifizierter Verwalter

Über die Bestellung und Abberufung des Verwalters beschließen zunächst die Wohnungseigentümer. Dabei kann die Bestellung auf höchstens fünf Jahre vorgenommen werden, wobei die wiederholte Bestellung zulässig ist. Im Fall der ersten Bestellung nach der Begründung von Wohnungseigentum ist die Bestellung auf höchstens drei Jahre zulässig. Eine erneute Bestellung ist zulässig und kann frühestens ein Jahr vor Ablauf der Bestellzeit gefasst werden, vgl. § 26 WEG.

Weiter gehört es zur ordnungsgemäßen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, dass
ein zertifizierter Verwalter bestellt wird. Ausnahme: Weniger als neun Sondereigentumsrechte,
Wohnungseigentümer wurde selbst Verwalter und weniger als zwei Drittel verlangt die Bestellung eines zertifizierten Verwalters, vgl. § 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG.

§ 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG ist gemäß § 48 Abs. 4 WEG ab dem 01.12.2022 anwendbar. Eine Person, die am 01.12.2020 Verwalter einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer war, gilt gegenüber den Wohnungseigentümern dieser Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bis zum 01.06.2024 als zertifizierter Verwalter.

Nach dem neuen § 26a WEG ist ein zertifizierter Verwalter derjenige, der vor einer Industrie- und Handelskammer durch eine Prüfung nachgewiesen hat, dass er über die für die Tätigkeit als Verwalter notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügt. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird nähere Einzelheiten über die Prüfung zum zertifizierten Verwalter im Rahmen einer Verordnung erlassen. Danach können auch Bestimmungen getroffen werden, die von der Prüfung befreien, insbesondere weil sie die Befähigung zum Richteramt, einen Hochschulabschluss mit immobilienwirtschaftlichem Schwerpunkt, eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Immobilienkaufmann oder zur Immobilienkauffrau oder einen vergleichbaren Berufsabschluss besitzen.

Im Übrigen ist es nach § 26 Abs. 3 WEG künftig erlaubt, den Verwalter auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes abzuberufen. Die Wohnungseigentümer sollen stets die Möglichkeit haben, sich von einem Verwalter zu trennen, wenn sie das Vertrauen in ihn verloren haben. Für die Beschlussfähigkeit gilt nunmehr, dass diese unabhängig davon vorhanden ist, wie viele Wohnungseigentümer an der Versammlung teilnehmen. Vollmachten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Textform.

5. Umlage von Betriebskosten – § 556a Abs. 3 BGB

§ 556a Abs. 3 BGB bestimmt, dass soweit Wohnungseigentum vermietet und die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben, die Betriebskosten abweichend von Abs. 1 nach dem für die Verteilung zwischen den Wohnungseigentümern jeweils geltenden Maßnahmen umzulegen sind. Widerspricht der Maßstab billigem Ermessen, ist nach Abs. 1 umzulegen.

Gemäß 556a Abs. 3 BGB erfolgt die Umlage von Betriebskosten bei der Vermietung von Wohnungseigentum und soweit die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben, nach dem für die Verteilung zwischen den Wohnungseigentümern jeweils geltenden Maßstab.
Widerspricht der Maßstab billigem Ermessen, ist nach § 556a Abs. 1 BGB, also nach dem Anteil der Wohnfläche oder dem erfassten Verbrauch bzw. der erfassten Verursachung umzulegen.
Bei der Umlage von Betriebskosten war bislang problematisch, dass der Umlageschlüssel nach Verbrauch nur dann durchgeführt werden konnte, wenn dem betreffenden Vermieter die Wohnfläche auch der anderen, nicht in seinem Eigentum stehenden Wohnungen, bekannt war. Entspricht der wohnungseigentumsrechtliche Kostenverteilungsschlüssel nicht dem Wohnflächenanteil, so entstanden sachlich nicht gerechtfertigte Ungerechtigkeiten, da die Betriebskostenabrechnung den Mieter entweder mit höheren oder mit niedrigeren Kosten belastet als dem Vermieter entstanden sind.

Vor diesem Hintergrund soll nunmehr der für die Verteilung zwischen den Wohnungseigentümern geltende Maßstab Grundlage der Umlage sein. Dieser ergibt sich aus dem in der Gemeinschaft geltenden Regelwerk, also einer entsprechenden Vereinbarung der Wohnungseigentümer, einem wirksamen Beschluss der Wohnungseigentümer oder aus dem Gesetz, § 16 Abs. 2 und 3 WEG.

6. Weitere wesentliche Änderungen

  • Stellplätze gelten als Räume und sind damit sondereigentumsfähig (§ 3 Abs. 1 WEG). Möglichkeit der Begründung von Sondereigentum an Grundstücksflächen, sofern die Wohnung oder das Teileigentum wirtschaftlich die Hauptsache bleibt (§ 3 Abs. 2 WEG),
  • die Rechte von Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümern sollen erweitert werden, insbesondere wird ein Recht auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen im Gesetz festgeschrieben (§ 18 Abs. 4 WEG) und ein jährlicher Vermögensbericht des Verwalters eingeführt, der über die wirtschaftliche Lage der Gemeinschaft Auskunft gibt (§ 28 Abs. 4 WEG),
  • der Verwaltungsbeirat wird gestärkt, in dem seine Zusammensetzung flexibilisiert und die Haftung seiner Mitglieder beschränkt wird, vgl. etwa § 29 Abs. 4 WEG,
  • die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums wird klarer konzipiert, in dem die Rolle der rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und ihre Teilnahme am Rechtsverkehr vereinfacht wird,
  • § 23 Abs. 3 WEG ermöglicht Beschlüsse auch außerhalb der Versammlung der Eigentümer

Szutta, LindaIhre Ansprechpartnerin
RAin Linda Szutta


Referentin für Recht, Syndikusrechtsanwältin
Telefon: 069 97065-177
linda.szutta@vdwsuedwest.de